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Interview mit Bürgermeister Andreas Grossmann zur Wichtigkeit von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

4. April 2019

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Andreas Grossmann, seit 2006 Bürgermeister von Emmerthal, hat 2018 an der Seminarreihe „Systematischer Weg zu mehr Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Kommune" teilgenommen. Unsere Präventionsberaterin Nadine Stitz hat ihn zur Wichtigkeit von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit befragt. Das ganze Interview lesen Sie hier:


Welche Gründe gibt es für Sie als Bürgermeister sich um die Sicherheit und Gesundheit Ihrer Mitarbeitenden zu kümmern?

Dem Thema Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz kommt meines Erachtens nach eine immer höhere Bedeutung zu, weil sich unsere Arbeitswelt so rasant verändert. Durch den Stellenabbau in den vergangenen 15 Jahren hat sich für die Beschäftigten eine deutlich höhere Arbeitsdichte ergeben. Gleichzeitig wird es schwerer gut qualifizierte und belastbare Beschäftigte zu gewinnen, weil sich Bewerber/innen ihre Stellen inzwischen „aussuchen" können. Mir liegt also daran, meinen Beschäftigten ein Arbeitsumfeld zu bieten, dass sie motiviert aber nicht belastet. Dazu gehört auf jeden Fall, die Arbeitssicherheit und der Arbeitsschutz in den Außenstellen, aber eben auch im Rathaus im Blick zu behalten.

Vor allem in kleineren und mittleren Kommunen bzw. Dienststellen besteht oft die Befürchtung, dass die Themen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu viel Zeit kosten. Zeit, die Sie als Bürgermeister nicht haben. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Die Umsetzung kostet Zeit, das ist unstrittig – ein Beschäftigter, der krankheitsbedingt ausfällt löst aber einen noch größeren Ressourcenverbrauch aus. Die Vertretungskraft wird belastet, muss sich in fremde Arbeitsbereiche einarbeiten, es gibt Reibungspunkte und Arbeitsrückstände, die im weitesten Sinne zu Imageverlusten der Gemeinde bzw. der öffentlichen Verwaltung führen. In ungünstigen Fällen werden Fristen versäumt (z.B. bei Förderprogrammen), die dann auch zu monetären Verlusten führen können. Es gilt daher bei der Umsetzung der sehr umfänglichen Vorschriften, die Balance zu finden zwischen Aufwand und positivem Nutzen für die Beschäftigten. Dann ist die Zeit gut investiert.

 

Sie haben sich die Zeit genommen und 2018 an den drei Modulen der Seminarreihe „Systematischer Weg zu mehr Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Kommune" beim GUV Hannover teilgenommen. Was haben Sie mitgenommen? Was konnten Sie konkret anstoßen?
Ich habe die Seminarreihe wie eine aktuelle Bestandsaufnahme empfunden. Wo steht die Gemeinde Emmerthal in Sachen Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz und was genau sind jetzt meine nächsten Schritte. Bei meinen Führungskräften (und bei mir selber auch) herrschte z.B. eine große Unsicherheit zu der von mir angestrebten Übertragung von Unternehmerpflichten. Um das Thema klar zu bekommen, habe ich nach der ersten Modulreihe eine Inhouse-Fortbildung zu dem Thema durchgeführt, um alle Führungskräfte auf einen Wissenstand zu bringen. Hiermit konnte ich Transparenz herstellen. Meine Führungskräfte sind nicht begeistert von der förmlichen Übertragung, aber viel wichtiger finde ich, dass sie den Sinn des Systems verstanden haben und, dass wir uns mit allen Fragen, auch im Detail, an den GUVH wenden können.

 

Hand auf's Herz: Welchen Schwierigkeiten und Herausforderungen begegnen Ihnen als Unternehmer bei Ihren Aufgaben und Pflichten zur Organisation von Sicherheit und Gesundheit?
Eine Herausforderung ergibt sich aus der laufenden notwendigen Kommunikation zum Thema Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz. Die Beschäftigten empfinden z.B. einzelne Schutzregeln als „belastend" oder gar wie ein Sanktion – zum Beispiel die Verpflichtung bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden bzw. 9 Stunden Pausenzeiten zu beachten oder sie erwarten eine Schutzmaßnahme für die es keine Regelung gibt, z.B. „Hitzefrei" bei Bürotemperaturen im Sommer von 26 Grad. Insgesamt ist Durchhaltevermögen erforderlich, um alle Maßnahmen in Gang zu halten.


Im dritten Modul haben wir uns mit dem Thema „Gesundes Führen – sich selbst und andere" beschäftigt. Wie wichtig ist es, dass Führungskräfte sowohl auf ihre eigene Gesundheit, aber auch auf einen gesunden Führungsstil achten?
Das Modul war richtig gut! Wir alle kennen die Fallstricke und tappen doch immer wieder in die gleichen Fallen. Um Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz in einer Organisation zu etablieren, sind Führungskräfte erforderlich, die als Vorbild fungieren und Beschäftigte ermutigen, auf ihre eigenen Grenzen zu achten. Gerade weil wir oft unter großem zeitlichen Druck stehen und „liefern" müssen, sollten Beschäftigte sicher sein, dass sie im Zweifel immer an ihre/ihren Vorgesetzten herantreten können, um z.B. Prioritäten neu zu bestimmen oder einfach, um Rückendeckung zu bekommen, wenn ein Termin nicht gehalten werden kann.


Welche Tipps haben Sie für Kolleginnen und Kollegen in kommunalen Führungspositionen, die sich mit Sicherheit und Gesundheit beschäftigten müssen?
Einen Tipp? Die GUV Modulreihe besuchen, ist doch klar! ...und einfach anfangen. Mir hat für den Start in der Verwaltung geholfen, gemeinsam mit meinen Führungskräften den GDA-Orgacheck durchzuführen. Wir haben einen Überblick über die Aufgabenbereiche bekommen und konnten gleichzeitig den Stand vorhandener Maßnahmen zur Arbeitssicherheit und zum Arbeitsschutz zuordnen. Für mich wurde dadurch klarer, welche Baustellen noch offen sind. Entlastend war die Erkenntnis, dass einige Bereiche (Ermittlung und Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilungen, Prüfung elektrische Betriebsmittel und Prüfungen anderer Arbeits- und Betriebsmittel, Arbeitsmedizin, Persönliche Schutzausrüstung, Erste Hilfe) bereits organisiert sind. Aus der Modulreihe habe ich ferner mitgenommen, dass die Organisation der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes für eine Kommunalverwaltung nur als laufender Prozess umgesetzt werden kann. Grund hierfür ist, dass sich unsere Arbeitsbedingungen schnell und oft gravierend ändern oder potentielle Gefährdungen neu bewertet werden. Und da ist der GUV Hannover dann wieder zu Stelle und hilft mit konkreter Beratung weiter.