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Menschen mit Behinderung unterweisen:
So gehts!

4. September 2017

Einstieg ins Auto mit Rollstuhl © andrey popov - fotolia.com

Als wir die Metallwerkstatt betreten, richten sich zwölf überraschte Augenpaare von Menschen mit Handicap auf die Besucherin, abrupt verstummen sämtliche Gespräche. Die Werkstattleiterin erklärt die Situation – und schon geht das Hämmern und Schrauben weiter. Hektische Betriebsamkeit im Verpackungsbereich: Die Kolleginnen und Kollegen sind mit höchster Konzentration dabei, Fläschchen mit Duftöl in Kartons zu verpacken; die Lieferung soll heute noch raus.

Besuche in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen sind für mich immer etwas Besonderes. Die Beschäftigten spüren, dass sie gebraucht werden, etwas leisten und sind zu Recht stolz darauf. Wie in jedem Unternehmen ist auch hier dafür zu sorgen, dass alle bei der Arbeit gesund bleiben. Die Betriebe sind gesetzlich dazu verpflichtet, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Fragen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu unterweisen. Die Unterweisung muss „ausreichend und angemessen" sein und die Qualifikation und Erfahrung der zu unterweisenden Personen berücksichtigen.

Aber wie unterweist man zielgruppengerecht, wenn die Beschäftigten mehr oder weniger große kognitive Einschränkungen haben? In den vergangenen Jahren hat sich zum Glück viel getan, um diese Frage gut zu beantworten: Gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen – also mit einem partizipativen Ansatz – wurden Arbeitshilfen entwickelt und im Echtbetrieb erprobt. Heutzutage gibt es umfangreiches Material in Leichter Sprache: Arbeitsblätter sowie Betriebsanweisungen, Hautschutz- und Händehygienepläne und vieles mehr. Durch Farbillustrationen und Fotos werden die Lerninhalte greifbar.

Als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung in den meisten Werkstätten wünscht sich die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), dass in allen Einrichtungen gut und erfolgreich unterwiesen wird. Deshalb bringen wir den Verantwortlichen das Thema auf verschiedenen Wegen nahe. Ein wichtiger Termin steht demnächst an: Vom 4. bis 6. September zeigt der Kongress BGW forum 2017 in Hamburg, wie sich der Berufsalltag in der Behindertenhilfe gesund, sicher und effizient gestalten lässt.

Ein Livestream vom BGW forum 2017 bringt die wichtigsten Ereignisse des Kongresses auch zu denen, die nicht selbst in Hamburg sein können – auf Wunsch mit Gebärdendolmetschung, Schriftmittlung und Audiodeskription, sodass auch Menschen mit Behinderungen von den Inhalten der Veranstaltung profitieren können.

Besonders freue ich mich darauf, beim BGW forum mit Verantwortlichen aus der Behindertenhilfe über „Nils" ins Gespräch zu kommen. Ich möchte Nils kurz vorstellen: Er ist ein Sympathieträger und eine Identifikationsfigur im Zeichentrickformat. Mit ihm wird die Unterweisung besonders anschaulich, persönlich ansprechend und leicht verständlich. Beim BGW forum 2017 feiert ein Film zum Thema Brandschutz mit Nils in der Hauptrolle Premiere.

Im Internet ist das BGW-Lernportal der Dreh- und Angelpunkt für alle Angebote der BGW zur Unterweisung in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen: Hier besteht Zugriff auf eine Fülle an Materialien, die übersichtlich nach den verschiedenen Arbeitsbereichen in Werkstätten sortiert sind. Ergänzend gibt es den gegen eine Schutzgebühr bestellbaren „Unterweisungsbaukasten" mit einem Aktionsspiel. Aktionskarten für das Spiel können kostenlos heruntergeladen werden.

Leichte Sprache, Filme, Materialien – das alles sind wichtige Etappenziele. Doch die Entwicklung muss weitergehen. Für gesunde Arbeitsverhältnisse in der Behindertenhilfe zu sorgen, ist eine Daueraufgabe und birgt noch so manche Herausforderung, über die ich gern mit allen Betroffenen und Interessierten ins Gespräch komme.

Gastbeitrag:
Rena Glüsing (BG für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege)